Änderungen des Niedersächsischen Jagdgesetzes
Landesjägerschaft Niedersachsen e. V.
Anerkannter Naturschutzverband
Justitiar RA Clemens H. Hons
Zeißstraße 63, 30519 Hannover
Tel.: 0511/899 859-0
An die Damen und Herren Kreisjägermeister
nachrichtlich:
den Damen und Herren Vorsitzenden der Jägerschaften
den Mitgliedern des Präsidiums
Änderungen des Niedersächsischen Jagdgesetzes
Sehr geehrte Damen und Herren,
Datum 02.12.2016 HS/AD, 219/13
die Landtagsfraktionen der SPD und Bündnis90/Die Grünen haben unter dem 17 .11.2016 einen
Gesetzesentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes eingebracht {LTDrs. 17 /6938).
Er umfasst
die Aufhebung des Verbots von Schalldämpfern
die Verpflichtung zu einem Schießnachweis und
das Verbot von bleihaltiger Büchsen- und FLG-Munition.
Er ist u.a. den kommunalen Spitzenverbänden zur Stellungnahme zugeleitet worden. Der Nds.
Landkreistag hat die Landkreise um Hinweise hierzu bis zum 09.12.2016 gebeten. Ich gehe
davon aus, dass die Jagdbehörden die Damen und Herren Kreisjägermeister sehr kurzfristig um
eine fachliche Beratung bitten werden und gebe dazu im Einzelnen die nachfolgenden Hinweise:
1.
Das Verbot, die Jagd mit „Schusswaffen mit Schalldämpfern" auszuüben (§ 24 Abs. 1 Satz 1
NJagdG) soll gestrichen werden.
Niedersachsen ist eines der wenigen Bundesländer, die in ihrem Landesjagdgesetz den Einsatz von
Schalldämpfern bei der Jagd gesetzlich verbieten. Um die eigene Gesundheit des Schützen, aber
auch die der bei der Bewegungsjagd durchgehenden Treiber und der eingesetzten Hunde zu
schonen, ist der Gesetzesentwurf insoweit zu begrüßen.
Bankverbindung: Norcl/Lß Hannover (BLZ 2SO 500 00) Konto 101 029 593
Ich empfehle jedoch, in der Diskussion nicht irreführend vom „Schalldämpfer" sondern vom
„Schallminderer" zu sprechen. Mit ihm wird der Mündungsknall an der Waffe nämlich nur um ca. 25
bis 30 dB gedämpft und beträgt dann „nur" noch ca. 120 bis 125 dB. Der Schalldruck liegt damit
lediglich unter der Schmerz- und Schädigungsgrenze des Gehörs. Der Schlussknall bleibt aber
immer noch sehr laut und ist auf mehrere Ki lometer Entfernung zu hören. Das Bundeskriminalamt
hat in einer früheren Anhörung ausdrücklich erklärt, dass Sicherheitsbedenken nicht bestehen,
wenn Jäger Schallminderer bei der Jagd benutzen.
2.
Der Gesetzesentwurf enthält weiter die Verpflichtung, bei einer „Jagd auf Haarwild, bei der das Wild
gezielt beunruhigt wird (Bewegungsjagd)" sowie bei einer ,,Jagd auf fliegendes Federwild" eine
Bescheinigung mitzuführen, wonach der Tei lnehmer in den letzten drei Monaten an einem
Übungsschießen teilgenommen hat. Die Verpflichtung gilt nach dem Wortlaut des Entwurfes nicht
nur bei einer Bewegungsjagd auf Schalenwild, sondern auf das gesamte Haarwild. Sie gilt demnach
auch für Treibjagden auf Hasen oder Kaninchen. Lediglich diejenigen Jäger, die ihre Jagd auf die
Ansitzjagd beschränken, sind nach dem Entwurf von der Verpflichtung ausgenommen.
Das Gesetz soll in diesem Punkt am 01.04.2017 in Kraft treten. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung
soll als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 25.000 €geahndet werden können.
Gegen die Verpflichtung bestehen erhebliche rechtliche Bedenken. Zwar haben die Länder das
Gesetzgebungsrecht für das Jagdwesen. Hiervon ist jedoch ausdrücklich das „Recht der Jagdscheine"
(Art. 72 Abs. 3 Nr. 1 GG) ausgenommen. Der Jagdschein gewährt aber das umfassende
Recht, die Jagd auszuüben. Die Verpflichtung, bei Bewegungsjagden oder bei Federwildjagden
einen Schießnachweis mitzuführen, schränkt dieses Recht ein. Das Verwaltungsgericht Arnsberg -
8 K 3614/15 - hat deshalb mit Beschluss vom 23.05.2016 die Frage, ob die entsprechende
Vorschrift im UagdG Nordrhein-Westfalen mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dem Bundesverfassungsgericht
vorgelegt. Im Vorlagebeschluss hat es ausdrücklich dargelegt, dass es die
nordrhein-westfälische Regelung für verfassungswidrig hält. Dies gilt m.E. auch für die geplante
niedersächsische Regelung .
Durch den Pflichtbesuch auf dem Schießstand / im Schießkino entstehen zusätzliche Kosten für die
Jäger. Besonders aber bitte ich zu prüfen, ob in Ihrem Bereich die erforderlichen Kapazitäten der
Schießstände vorhanden sind, wenn mehr Jäger den Stand besuchen.
3 .
Bisher verbietet § 24 Abs. 1 Satz 1 NJagdG lediglich, „die Jagd auf Wasserfederwild an und über
Gewässern unter Verwendung von Bleischrot auszuüben" . Künftig soll es weiter verboten sein, bei
der Jagd „Büchsenmunition mit bleihaltigen Geschossen oder bleihaltigen Flinten/aufgeschossen" zu
verwenden. Ausgenommen werden sollen solche Büchsen die „nachweislich für die Nutzung bleifreier
Munition nicht geeignet sind." Laut der Gesetzesbegründung ist das dann der Fall, wenn für
die Waffe keine bleifreie Munition in dem entsprechenden Kaliber käuflich zu erwerben ist oder das
Trefferbild aufgrund der Streuung bei einer Verwendung bleifreier Munition mit dieser Waffe keine
tierschutzgerechte Tötungswirkung erwarten lässt. Somit kommt es auf die technische Eignung der
einzelnen Büchse für bleifreie Munition an. Hier werden dann Sachverständigengutachten für jede
einzelne großkalibrige, ältere Waffe mit den entsprechenden Kosten für den Jäger erforderlich.
Unklar ist, wer und nach welchen Kriterien diese Gutachten erstellt. Im Zweifel wird die Forderung
dazu führen, dass ältere Büchsen in gängigen Kalibern nicht mehr verwendet werden dürfen.
Zu berücksichtigen ist auch der Druck, die Schwarzwildbejagung wegen drohender Seuchenzüge
(Europäische Schweinepest/ Afrikanische Schweinepest) zu verstärken. Hierbei werden heute auch
Flintenlaufgeschosse eingesetzt. Auch nutzen Nachsuchenführer und Hundeführer häufig zu ihrem
eigenen Schutz Flintenlaufgeschosse, weil sie über eine hohe Stoppwirkung beim angreifenden
Schwarzwild verfügen. Bleifreie Flintenlaufgeschosse sind rn.W. nicht erhältlich.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Bundestag im Sommer diesen Jahres eine Novelle des
Bundesjagdgesetzes beschlossen hatte. Darin war ein modifiziertes Verbot von bleifreier Munition
vorgesehen, das sich an die Hersteller wendet und individuell eine dem jeweiligen Jagdzweck
angepasste Munition vorsch reibt. Die Novelle ist in diesem Punkt nach einem Einspruch des Landes
Bayern im Bundesrat gescheitert. Anschließend hat sich der Bundesrat in seiner Entschließung vorn
23.09.2016 (BRDrs. 455/16) auch mit Zustimmung des Landes Niedersachsen dafür ausgesprochen,
das Bundesjagdgesetz um eine Regelung zur Büchsenmunition zu ergänzen. Trotz der
bald zu Ende gehenden Legislaturperiode des Bundestages arbeitet das Bundeslandwirtschaftsrninisteriurn
an einer entsprechenden Gesetzesänderung. Regelungen einzelner Länder zur Munition
sind insoweit kontraproduktiv.
Auch bitte ich zu prüfen, ob Ihre Schießstände auf bleifreie Munition eingerichtet sind oder insoweit
einer Änderung der baulichen Anlagen bedürfen. Damit wäre dann zwangsläufig eine Änderung der
Genehmigung nach dem BimSchG und dem WaffG, ggfs. auch nach Baurecht verbunden.
Daher sollte das Verbot bleihaltiger Munition zurzeit abgelehnt werden.
Mit freundlic en Grüßen und Waidmannsheil
' Rechtsanwalt
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